Tipp des Monats

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Lob – klopfen oder streicheln?

von | 21.02.2023 | Tipp des Monats

„… gut gemachte Brauner!“ – klapp, klapp, patsch, patsch – so sieht bei den meisten reitern Loben aus. Es wird „liebevoll“ mit der flachen Hand auf den Hals getätschelt oder auch mal gerne etwas stärker geklopft. Dieses Abklopfen hat ein lange Tradition und jedes Kind und jeder Reitanfänger bekommt es es quasi von Genration zu Genartzion weitervermittelt. Warum man das so macht und ob dieses rhythmische „Tätscheln“ Lob sein soll ist den meisten aber ein Rätsel und kaum jemand macht sich Gedanken darüber. Oft ist es so, je mehr Freude und Begeisterung, desto stärker das Klopfen. Aber taugt es wirklich zu Belohnung? Betrachtet man Pferde auf der Koppel wird man schnell erkennen, dass dies ev. doch in Frage zu stellen ist.

Zwei Pferde die sich mögen und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben, werden niemals aufeinander zulaufen und sich dann erst einmal vor die Brust treten. Sie werden Hals an Hals stehen und im Mähnenkamm, Widerrist, Rücken- und Schulterbereich Fellpflege machen. Krabbeln statt Hauen ist unter Freunden angesagt. Und genau so sollten auch wir loben – streicheln und kraulen am Widerrist. Jetzt werden alteingesessene Klopfer sagen“… der Gaul weiß schon, wie ich es meine – der versteht das als Lob!“ und haben damit nicht ganz unrecht. Nur muss man dabei bedenken, dass es ein ankonditioniertes Verhalten ist und das Pferd zwar nun weiß, dass es etwas richtig gemacht hat, der natürlich Reiz aber ganz anders aussieht.

Ihr könnt das selbst einmal ausprobieren. Geht einfach mal in die Box und begrüßt Euer Pferd mit einem Klopfen auf den Hals oder eben wenn es etwas gut gemacht hat. Am besten für den kleinen Test am Boden und nicht unterm Sattel. Beim nächsten Mal geht Ihr auf Euer Pferd zu und krault im den Wiederrist und streichelt den Hals. Ich bin mir ziemlich sicher, ihr werdet folgendes feststellen:
Bei Variante 1 dem Klopfen, bekommt ihr ein vermehrtes Ohrenspiel, ev. sogar ein leichtes Weichen des Kopfes oder des Halses, der Kopf geht eher hoch und Muskulatur spannt sich etwas an. Versucht Ihr die zweite Variante, wird sich die Muskulatur weicher anfühlen, es kommt eher Ruhe ins Pferd und es wird den Kopf eher senken oder damit in Eure Richtung tendieren. Neben dem Reiz auf der Haut, hat das auch etwas mit der abgegeben Energie zu tun. Während beim Klopfen dieser eher nach oben fährt, geht sie beim Streicheln tendenziell eher nach unten. Im Selbstversuch solltet ihr das auch mal mit Eurem Partner Zuhause machen: Fürs Müllruntertragen mal klopfen und mal streicheln. Ihr werdet schnell merken was ihm besser gefällt!

Studie

Die Studie (von Pferdewissenschaftlerin Emily Hancock) „The effects of patting and wither scratching on behaviour and heart rate of domestic horses“ wurde anlässlich der 10. International Equitation Sciense Conference in Dänemark im August 2014 vorgestellt. Diese zeigt genau das auf was ich beschrieben habe.

Als Studienobjekt dienten 16 Pferd-Reiter-Paare im Grand-Prix-Spécial der Olympischen Spiele in London 2012. Am meisten wurde nach den Wettbewerben geklopft, 15 von 16 Reitern lobten auf diese Weise ihr Pferd, zwölf von ihnen klopften sogar über eine Minute lang. Die Streichelmethode fand überhaupt nicht statt. Die Wissenschaftlerin stellte dabei fest, dass gut ein Drittel der Pferde deutliche Reaktionen auf das Klopfen zeigte. Oft geschah dies auch durch Aufnahme des Tempos. Die Forscher räumten jedoch ein, dass dies womöglich auch durch das Vorbeugen des Reiters im Sattel ausgelöst wurde, es könnte aus meiner Sicht, aber auch am höheren Energielevel und am Fluchtverhalten liegen.

Der zweite Schritt untersuchte die Auswirkungen des Klopfens im täglichen Umgang.

Hierzu wurden zehn Pferde (fünf Schulpferde sowie weiter fünf Tiere einer Animal Rescue Organisation) viermal für je 30 Sekunden lang am Hals geklopft, jeweils unterbrochen durch eine 15 Sekunden andauernde Pause. In dieser Klopfphase wurde die Herzfrequenz und Verhalten der Tiere aufgezeichnet. Im Vergleich wurde auch gekrault.

Die Auswertung der Herzfrequenzen brachte dabei keine nennenswerten Ergebnisse, die Beobachtung der Pferde aber eine ganz eindeutige Präferenz. Anders als das Kraulen am Widerrist (also Fellpflege), das ein Absenken des Halses und bisweilen sogar Bewegungen mit der Oberlippe hervorrief, reagierten die Pferde auf das Klopfen mit einem, wie bereits beschriebenen gesteigerten Ohrenspiel. Statt Ruhe zeigte sich beim Klopfen eher Unruhe. Ein vierjährigen Pferdes aus der Tierrettung zeiht dies am deutlichsten. Es hatte bisher zwar keine Gewalteinwirkung erfahren, wurde aber sehr isoliert gehalten. Es riss auf das Klopfen den Kopf hoch, weichte aus und stürmte rückwärts – zeigte natürliches Verhalten auf das Schlagen mit der Hand.

„Das Kraulen des Widerrists kann das Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Tier stärken und ist die effektivere Belohnung“, bringt Emily Hancock die Ergebnisse ihrer Studie auf den Punkt.

Euer HORSEMAN TEAM